Erika Opelt-Stoevesandt eröffnet 1981 als Gründerin und erste Leiterin das Ökumenische Gymnasium. Sie, in Bremen bekannt als engagierte Pädagogin und Leiterin des Gymnasiums An der Kleinen Helle, hat sich mit 62 Jahren vorzeitig pensionieren lassen, um hier unter schwierigsten Bedingungen eine bessere Schule ins Leben zu rufen.
„Heute können wir sagen: Das ÖG ist eine hervorragende Schule in der bremischen Bildungslandschaft.“
Bernd Neumann, MdB, Staatsminister für Kultur und Medien
Die Gründung des Ökumenischen Gymnasiums ist eine Antwort auf die damalige Schulpolitik. Nach dem geplanten neuen Schulgesetz von 1975 soll es in Bremen nur noch in Stufenschulen gegliederte Schulzentren oder riesige Gesamtschulen geben – dies hätte faktisch die Abschaffung des Gymnasiums bedeutet.
Die „Bremer Klausel“ besagt, dass die bestehende Praxis des Religionsunterrichts nicht weitergeführt werden soll. Integrationsmöglichkeiten für körperbehinderte, leistungsfähige Schüler in Gymnasien sind nicht geplant.
„Ökumene schafft einen Bildungshorizont von integrierender Tiefe. Bildung ist mehr als Wissen und Fertigkeiten.“
Erika Opelt-Stoevesandt
1978: Erika Opelt-Stoevesandt formuliert ihre „Überlegungen zur Einrichtung eines ökumenischen Gymnasiums in freier Trägerschaft“ in einer Schrift, die als „Blaue Erika“ bekannt wird. 30 Personen gründen den „Verein der Freunde und Förderer des Ökumenischen Gymnasiums“. Die starke Resonanz in der Bremer Bevölkerung auf die geplante Gründung einer Privatschule trägt den Charakter einer Bürgerinitiative
1981: Am 17. August beginnt nach einer feierlichen Eröffnungsfeier der Unterricht am Ökumenischen Gymnasium
1988: Nach einem langwierigen und komplizierten Genehmigungsverfahren wird die staatliche Anerkennung des Abiturs am ÖG schließlich ausgesprochen.
„Ohne die Initiative von Erika Opelt-Stoevesandt wäre es nie zu dieser Schulgründung gekommen. Sie hat Pioniergeist entwickelt: Ihre Fähigkeit, andere Menschen zu begeistern und zur Mithilfe zu bewegen, ihre detaillierten Kenntnisse der Rechtslage in Schulfragen, ihre Furchtlosigkeit im Umgang mit staatlichen Institutionen, ihre Beharrlichkeit, trotz zahlreicher Rückschläge, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, ihr ehrliches Interesse an ihren Mitmenschen und ihre Fähigkeit zur Empathie haben die Gründungsjahre dieser Schule geprägt.“
(Gabriele Rogge, Lehrerkollegin der ersten Stunde)
Erika Opelt-Stoevesandt, geb. Nessenius, wird am 16.01.1919 in Wilhelmshaven als Marinekind geboren. 1920 zieht die Familie nach Bremen an den Sielwall. Während des Nationalsozialismus muss sie in den Arbeitsdienst, politische Schulungen lehnt sie ab. Ein halbes Jahr ist sie Lehrling in der Landwirtschaft, das bedeutet Melken morgens um sechs und am Tag landwirtschaftliche Maschinen bedienen, zum Beispiel Heuwender!
Ein Jahr nach dem Abitur 1938 heiratet sie Herrn Dr. Stoevesandt und bekommt mit ihm zwei Kinder. Während ihr Mann zum Kriegsdienst eingezogen wird, arbeitet sie bis zur Geburt des ersten Kindes als Reserveschwester. Ihr Mann fällt 1941.
Im März 1939 geht sie zum Studium nach Marburg. Zusammen mit ihren beiden kleinen Kindern bezieht sie eine Wohnung am Barfüßertor 17. Zusätzlich zu naturwissenschaftlichen Vorlesungen und Praktika besucht sie Veranstaltungen und Gottesdienste bei Friedrich Heiler, dessen Auffassung von Ökumene sie prägt. Weitere theologische Vorlesungen z.B. bei Bultmann und bei Tillich, Gastprofessor vom Union Theological Seminary, New York.
Ihr Staatsexamen legt sie in den Hauptfächern Biologie und Religion und in den beiden Nebenfächern Mathematik und Physik ab.
1950 tritt Erika Opelt-Stoevesandt in den Bremer Schuldienst ein und wird 1964 Direktorin des Gymnasiums An der Kleinen Helle. 1961 heiratet sie den Witwer Rudolph Opelt. Herr Opelt bringt vier Kinder mit in die Ehe.
1978 Gründung des Vereins „Freunde und Förderer des Ökumenischen Gymnasium“, dem „Förderverein“, aus dem heraus sich später die Erika Opelt-Stoevesandt Stiftung entwickelt. Von seinen 14 Mitgliedern verweigern einige wegen der Brisanz ihre Unterschrift unter das Sitzungprotokoll!
1981 Eröffnung des Ökumenischen Gymnasiums zu Bremen e.V., wo sie bis zu ihrem Ruhestand 1987 als Schulleiterin tätig ist. Die Anfangsjahre der privaten Schule sind geprägt vom harten Kampf um Genehmigungen und um die staatliche Anerkennung der Prüfungen. ÖG heißt für alle Schüler Teilnahme am Religionsunterricht von Klasse 5 bis zum Abitur, die Teilnahme an Gottesdienstvorbereitungen, Andachten und dem Weihnachtssingen.
Nach dem Mauerfall wird durch ihre Initiative 1991 das Ökumenische Domgymnasium Magdeburg („ÖDG“)gegründet, wo sie Mitglied in Kuratorium und Förderverein sowie Ehrenmitglied im Vorstand ist.
Am 8. Oktober 1996 erhält sie in Bonn aus der Hand des Bundespräsidenten Roman Herzog den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland mit folgender Begründung:
„Sie erhält die Auszeichnung für ihr herausragendes persönliches Engagement für die Integration körperbehinderter Kinder in den gymnasialen Schulunterricht. Sie hat durch die Gründung privater ökumenischer Gymnasien die Voraussetzungen für die
erfolgreiche Teilnahme dieser Kinder am Schulunterricht geschaffen.“
Roman Herzog, Bundespräsident 1994 – 1999
In Bremen wird sie 1999 mit der Senatsmedaille für Kunst und Wissenschaft zur „Würdigung ihrer Verdienste um das bremische Privatschulwesen und die Integration von behinderten Kindern und Jugendlichen im Bildungswesen“ (Henning Scherf, Bürgermeister in Bremen 1995 – 2005) ausgezeichnet. 2006 Errichtung einer Stiftung zu ihren Ehren unter dem Vorsitz von Herrn Stefan Bellinger anlässlich der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen des Ökumenischen Gymnasiums.