Maik Musall hat 1992 sein Abitur am ÖG absolviert. In Erlangen schrieb er sich zunächst für den Studiengang Informatik ein, entschied sich aber nach zwei Semestern für den Wechsel zu Musikwissenschaft und mittellateinischer und iberoromanischer Philologie. Der Informatik blieb er dennoch treu, indem er sich neben dem Studium als Programmierer selbständig machte. Seit 1999 arbeitet Maik Musall als Softwareentwickler – und widmet sich in der Freizeit wiederum der Musik. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Erlangen.
Was hat Sie motiviert, sich für ein Gespräch zur Verfügung zu stellen?
Ich habe nach wie vor den Eindruck, auf dem Bildungsfundament zu stehen, das ich am ÖG erworben habe – und fühle mich ihm aus diesem und anderen Gründen weiterhin verbunden.
Was hat der Förderverein für Sie tun können, was verdanken Sie ihm?
Wir hatten damals nicht genug Einkommen, um das Schulgeld zu bewältigen, und erhielten daher ein 50-Prozent-Stipendium. Ohne dieses hätte ich das ÖG vermutlich nicht besuchen können.
Hat die Förderung Einfluss gehabt auf Ihre Lebensweise, Ihre Vorstellungen von sozialem Miteinander, von Verantwortung für die Gemeinschaft?
Als Schüler, muss ich zugeben, habe ich nicht viel darüber nachgedacht. Wer Stipendiat war und wer nicht, war nicht allgemein bekannt und wurde auch unter den Schülern nicht thematisiert. Dass das für den sozialen Status an der Schule egal war, ist mir aber sehr wohl aufgefallen. Das passte auch ins restliche Bild (zum Beispiel bezüglich der Behindertenintegration). Dieses Klima insgesamt hat mich sicher mit geprägt. Ob das Stipendium meine sozialen Vorstellungen direkt beeinflusst hat, kann ich nicht zuverlässig beantworten.
Würden Sie Familien empfehlen, sich um ein Stipendium zu bemühen, wenn sie das Schulgeld nicht in voller Höhe zahlen können?
Ja, unbedingt.
Inwiefern sind Ihrer Meinung nach die ÖG-Stipendien wichtig für das gesellschaftliche Leben in Bremen, insbesondere für den Bildungsbereich?
Solche Stipendien sorgen für Chancengleichheit, unabhängig vom Einkommen oder Vermögen der Eltern. Diese Chancengleichheit halte ich für ein wesentliches Ziel einer modernen sozialen, solidarischen Gesellschaft. In Bremen wie anderswo.
Wie könnte sich Ihrer Meinung nach das System der Stipendien weiterentwickeln? Worauf sollte geachtet werden? Welche konzeptionellen oder organisatorischen Empfehlungen können Sie aussprechen?
Mein Abitur ist 18 Jahre her – mit dem aktuellen System bin ich nicht vertraut. Das kann ich daher leider nicht beantworten.
Sollten Ihrer Meinung nach einzelne Gruppen – wie gesellschaftlich Benachteiligte, Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, leistungsstarke Schüler oder christlich orientierte Familien – bevorzugt Stipendien erhalten?
Ich tendiere deutlich dazu, gesellschaftlich oder sozial Benachteiligte zu bevorzugen. Die Leistungsstärke kann ein weiteres Kriterium sein, aber wenn wohlhabende Eltern im Hintergrund stehen, halte ich ein Stipendium nicht für angebracht, weil es im Zweifelsfall einem anderen, sozial schwächeren Kandidaten den Platz nimmt. Leistungsstärke kann als Kriterium zur Aufnahme an die Schule überhaupt herangezogen werden, sollte aber unabhängig vom Thema Stipendium sein.
Christlich orientierte Familien finanziell für ihre religiöse Orientierung zu belohnen, halte ich für keinen guten Ansatz. Außerdem würde ich jederzeit einen agnostisch erzogenen Schüler, der im Verlauf seiner Schulzeit christliche Werte vermittelt bekommt und sie verinnerlicht, einem anderen vorziehen, der das schon von Haus aus getan hat.
Ob Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in einer „Normalschule“ gut aufgehoben sind, kann ich nicht wirklich beurteilen. Dazu fehlt mir das pädagogische Know-how. Wenn das der Fall sein sollte, sähe ich dies ebenso wie Leistungsstärke als ein Kriterium zugunsten einer Aufnahme beziehungsweise Integration überhaupt. Nicht als Frage eines Stipendiums.
Es gibt das Sprichwort: „Die Geförderten von heute sind die Förderer von morgen“. Ist es für Sie eine ernsthafte Option, den Stipendienfond des ÖG selbst finanziell zu unterstützen?
Im Rahmen meiner Möglichkeiten grundsätzlich ja.
Welche anderen Formen des Engagements können Sie sich vorstellen?
Ich stelle mich gern zur Beratung von Schülern und für allgemeinen Erfahrungsaustausch zur Verfügung, sofern das angesichts der Entfernung meines Wohnorts Erlangen praktikabel ist.